Gespenster der Motive 


2019
 


(Fotokollage)

Die Serie „Geister der Motive“ ist eine Collage von Prozessaufnahmen abbrennender Zeichnungen. Die Motive der Zeichnungen sind verschiedene europäische Skulpturen. Meist sind es Meisterwerke, die bei der Aufnahmeprüfung an der einzigen staatlichen Kunstuniversität in Japan gezeichnet werden, um die künstlerische Eignung nachzuweisen. Dabei wird die Qualität nur nach einem Schema für naturalistische Zeichnung bewertet, ungeachtet dessen, ob der Kontext und der Hintergrund der Skulpturen verstanden wurde. Das ist eine feste Bewertungsmethode nicht nur in Japan, sondern auch in anderen asiatischen Ländern. Das Bewertungssystem ergab sich in Japan daraus, dass sich die Japaner damals nur mit dem Erlernen der naturalistischen Zeichnung beschäftigten. Man lernte den Stil der eigenen Lehrer, die am Anfang zur Gründung der Kunstuniversität eingeladen wurden. Es gab aber auch einige Künstler, die nicht nur die Technik beherrschten, sondern sich auch mit den Hintergründen beschäftigten. Trotz dessen ist der Zeichenstil bis heute ähnlich geblieben. Er spielt noch immer eine große Rolle in Japan, obwohl er in Europa eher als altmodisch angesehen wird.

Die abgebrannten Zeichnungen sind mit der Disziplin gezeichnet, die als Voraussetzung für das Kunststudium gilt. Die Fotos, die diese Zeichnungen dokumentieren, sind mit weißer Farbe überstrichen und verraten nicht welche Motive gezeichnet wurden. 
Einerseits handelt diese Arbeit von der Kritik an Geschichte und auch von der Selbstkritik an der unreflektierten Nachahmung klassischer Motive. Andererseits bestätigt die Installation die Bewegung, die Bereicherung und den Austausch eines Zeichenstils als neue visuelle Sprache innerhalb zweier Kulturen.
Die Fotocollagen werden in Bilderrahmen ausgestellt, in dessen Glas sich die Gesichter der Betrachter stark reflektieren. Der Effekt der Reflexion verbindet Bild und Betrachter miteinander.
In dieser Überlagerung wird die Verbindung von Gegenwart und Zukunft visualisiert. Die, sich im kulturellen Austausch gestaltende Zukunft, wird sichtbar.

Lektorat: Freya Katharina Neumann